Fahrwerk zusammenbauen

Nachdem nun die Zylinder einer intensiven Revision unterzogen wurden und die Umbauarbeiten am Rahmen abgeschlossen sind, kann man nun die Zylinder wieder am Rahmen anbringen und sich dem Fahrwerk widmen. Der erste spannende Moment steht bevor.

Montage des Fahrwerks an 99 4701
Montage des Fahrwerks an 99 4701

Denn nach den hier aufgezeigten Arbeitsschritten wird sich zeigen, ob alle Mühen am Rahmen auch schlussendlich zum Erfolg führen werden. Wie sich einmal mehr zeigt, ist gewissenhafte Arbeit, Ruhe und immer wieder messen ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Ich schreibe das vor allem deshalb, da ich mich doch immer wieder dabei erwische mich in der Euphorie bremsen zu müssen. Vor allem bei den Lagerblöcken habe ich mich manches mal dabei erwischt zu schnell zu viel zu wollen, um am Ende dann leider Ausschuss produziert zu haben.

Lagerblöcke und Achsen einsetzen

Als erstes müssen die Lagerblöcke in die Lagerbuchsen des Rahmens. In die Lagerblöcke werden dann die Igus Gleitlager gesteckt, und durch die Lagerblöcke dann die Achsen, auf denen auf einer Seite bereits die Kuppelräder bzw. das Treibrad fixiert wurde.

Die Lagerblöcke einschieben stellt sich auf der hinteren Achse nicht wirklich schwierig dar. Etwas kniffeliger hingegen ist die mittlere und vordere Achse, die noch die Aufnehmer für die Federbolzen hat und mit den gespannten Federn positioniert werden muss. Hier ist Fingerspitzengefühl und der eine oder andere Schraubenzieher und eine Feinmechanikerzange als Werkzeug sinnvoll.

99 4701 Lager einsetzen

Die neue Federung

Neue Federung der ersten Achse

Neue Federung der ersten Achse

Bei der alten Federung wirkten die Federbolzen direkt auf die Achse. Damit wurde an gleich vier Stellen auf die Achse gedrückt. Zweimal an den Federbolzen, und durch die Spannkraft der Federn wurde die Achse noch mal an beiden Seiten auf den Rahmen gedrückt. Bei der neuen Federung wird nur noch an zwei Stellen auf die Achse eingewirkt, nämlich an den beiden Austritten des Achslagers, wo die Igus Gleitlager sitzen und für einen widerstandsarmen Lauf sorgen, auch unter der Dauerbelastung der Federung.

Für die Federung der vorderen Achse habe ich für die Aufnahme der Federbolzen zwei 8x8mm Plättchen mit 2mm Stärke angepasst, die jeweils eine M5 Gewindebohrung aufweisen. In das Gewinde wird dann der Federbolzen eingeschraubt. Als Federbolzen habe ich 2 M5 Schrauben derart verarbeitet, als dass ich sie in der Standbohrmaschine eingespannt, und den oberen Teil rund gefeilt – also das Gewinde entfernt habe. Im unteren Teil habe ich 3-4 Umdrehungen des Gewindes gelassen, damit ich sie in die Aufnehmer schrauben kann. Nachdem ich beide Federbolzen auf die gleiche Länge gebracht habe, habe ich außerdem noch oberen Ende zwei Schlitze eingesägt, um die Bolzen später auch einschrauben zu können.

Die Federung der mittleren Achse ist im Prinzip gar keine Federung. Die Feder hat deutlich weniger Kraft und sorgt letztendlich nur dafür, dass der Bolzen an seiner Stelle bleibt bzw. dahin zurück findet, das Rad also auf der Schiene liegt und sich das Gestänge nicht verhaken kann. Deshalb existiert auf der Achse auch nur ein Federbolzen, und dieser auch nur in 3mm. Außerdem ist dieser direkt in das Achslager eingeschraubt und mit Loctite fixiert.

Montage der Federung

Auf einer Seite des Lagerblocks kann bereits ein Gleitlager eingesetzt werden. Das ist generell mit ein wenig Kraftaufwand verbunden (notfalls mit einem kleinen Gummihammer), da Igus Gleitlager grundsätzlich eingepresst werden, und erst dann auch ihr Normmaß erhalten.

Außerdem stecke ich die Spiralfedern schon auf die Federbolzen, und drehe sie gleichzeitig bereits eine halbe Umdrehung auf das Gewinde des Bolzens. Damit vermeide ich, dass sie unter Spannung abfliegen können.

Nun müssen die Bolzen in die Aufnahme des Rahmens gesteckt werden, und der Lagerblock wird vorsichtig in den Rahmen geschoben. Das mache ich erst sehr winkelig nach unten weg, bis das Lager auf einer Seite fast bündig ist. Nun presse ich den Lagerblock nach oben, sodass sich die Federung spannt, und schiebe den Lagerblock die letzten paar Millimeter durch die andere Seite des Rahmens. Die Federbolzen liegen nun auf dem Gewinde und können von oben eingeschraubt werden. Von der anderen Seite wird nun auch ein Igus Gleitlager eingeschlagen.

Der Lagerblock sitzt fest und die Federung steht! Leider habe ich versäumt in der Planung auch Igus Lager für die Federung vorzusehen. Deshalb ist es nun Zeit von oben auf die Federbolzen einen Tropfen Öl zu setzen. Dieser zieht sich dann nach unten in die komplette Aufnahme.

Montage der Räder

Spätestens jetzt zeigt sich, ob die Aufnahme für die Lagerblöcke richtig fluchten und sauber gearbeitet wurde. Alle drei Achsen bekommen bereits ein Rad fest fixiert montiert und werden in die Lagerblöcke gesteckt. Da es sich um eine Revision der Maschine handelt, und ich die selben Achsen erneut verwende, muss sicher gestellt werden, dass die Madenschrauben nicht in die bereits existierenden Punkte zurückfinden, sondern sich neue suchen. Also muss die Achse entsprechend gedreht werden, damit die Schraube auf einen „frischen Punkt“ geschraubt wird. Das ist vor allem wichtig, wenn die andere Seite mit Rädern bestückt wird.

Mit der Kuppelstange werden die drei Räder nun aufeinander ausgerichtet und mit drei Klemmen kraftvoll fixiert. Ich habe den Klemmen noch etwas Tesa-Krepp gegönnt, damit ich mir nicht den gerade frisch lackierten Rahmen zerkratze. Nun drehe ich das ganze um und montiere die Räder auf der anderen Seite – bekanntlich um 90° versetzt. Der Zylinder auf der Lokführerseite, also rechts in Fahrtrichtung geradeaus, läuft hierbei vor und die linke Lokseite (Heizerseite) entsprechend nach.

Zunächst habe ich nur das hintere und vordere Rad montiert und für einen leichtgängigen Lauf gesorgt. Das letzte, mittlere Rad habe ich erst danach ausgerichtet und fixiert. Es ist sehr wichtig dass hier nichts hakt.  Tatsächlich, obwohl bei der Körnung oder Bohrung irgendwas schief gelaufen ist, und zwei Löcher der Achsaufnahme im Rahmen leider unsymmetrisch wurden, liegen die Achslager sauber im Rahmen. Feilen kann ich dann also doch noch ausreichend genau und der Fauxpas ist eher kosmetischer Natur. Glücklicherweise liegen ohnehin die Räder davor, sodass es gar nicht sichtbar ist.

Ansetzen der Zylinder

Zudampf und Abdampf der Regner Zylinder

Zudampf und Abdampf der Regner Zylinder

Das Ansetzen der Zylinder zeigt sich bei dem alten Modell noch schwieriger als dies heute der Fall ist, da man hier noch keine Dampfnippel mit O-Dichtungsringen zum Aufstecken hat, sondern mit normalen M4 Gewinderohren arbeiten muss, wo der Zudampf- und Abdampfwinkel mit einer Sechskantschraube zu kontern ist. Das gesamte System war auch schon deutlich abgegriffen. Da ich es aber nicht abwarten konnte, habe ich die alten Teile wieder verbaut statt neue zu bestellen.

Hierbei habe ich zunächst die Kontermuttern auf die Dampfnippel geschraubt sowie eine Kupferdichtung aufgelegt. Die Dampfnippel habe ich dann komplett in die Dampfwinkel geschraubt und die anderen Enden mit Teflon ummantelt und ebenfalls eine Kupferdichtung gesetzt. Die Dampfnippel wurden dann in die ensprechenden Aufnahmen der Zylinder fest verschraubt. Nun habe ich ebenfalls mit Teflon direkt an den Dampfwinkeln das Gewinde ummantelt und Kupferdichtung sowie Kontermutter an die Winkel geschraubt. Hierbei muss man aufgrund des Platzangebots zunächst die Abdampfleitungen, und dann die Zudampfleitungen anbringen.

Das hat mich schon einige Zeit gekostet, bis man in der richtigen Reihenfolge alles angebracht hat. Wie ein späterer Test unter Dampf zeigen sollte, sind die Leitungen aber absolut dicht.

Der große Vorteil des alten Verfahrens ist, dass man die Aufnehmer für die Umlaufbleche nicht demontieren muss (kein Lackschaden also), sondern die Zylinder einzeln zuvor exakt am Rahmen ausrichten und montieren kann.

Montage des Gestänges

Heusinger-Steuerung, Heizerseite

Heusinger-Steuerung, Heizerseite

Nachdem nun also die Räder ausgerichtet und die Zylinder gesetzt sind, kann man beides miteinander verheiraten. Dies geschieht natürlich durch die Montage des Gestänges. Vor der Demontage habe ich das Gestänge umfangreich fotografiert, sodass ich anhand der Bilder das Fahrwerk einfach wieder aufbauen konnte. Hierzu gibt es eigentlich auch nicht viel zu sagen. Jede Schraube muss an ihren Platz, und nach jedem Arbeitsschritt ist auf Leichtläufigkeit zu achten. Das schließt natürlich mit ein, dass alle sich berührenden und reibenden Teile direkt eingeölt gehören. Vor allem, da ich die Nuten des Gestänges rot lackiert, und damit alle Teile komplett entfettet habe, muss ich mich selbst immer wieder daran erinnern.

Ausrichten der Kurbel

Kurbel am Treibzapfen

Kurbel am Treibzapfen

Der Kurbel, die auf die Treibzapfen der Räder der hinteren Achse gehört, gebührt besondere Aufmerksamkeit, da sie wesentlich darüber entscheidet, ob das Fahrwerk läuft oder nicht. Im Internet und in den Handbüchern (aktuell als PDF und von 1995) gibt es allerhand verschiedene Empfehlungen und Möglichkeiten wie man die Kurbelzapfen vernünftig auszurichten hat bzw. kann – von Pi * Daumen bis zur trigonometrischen Erklärung.

Hier kann sich jeder seine favorisierte Lösung heraussuchen. Ich habe mich für die Variante entschieden, die auf dem Bild ersichtlich ist: Befindet sich der Treibzapfen im untersten Punkt (6 Uhr), so ist die Kurbel auf 45° zu stellen. Das ist dann genau der häufig beschriebene Bereich, in dem die Messingnabe des Rades noch so gerade nicht von der Kurbel verdeckt wird. Die Aufnahme für die Kurbelstange an der Kurbel schaut hierbei nach oben!

Bei dem Gestänge auf der anderen Seite der Lok wird analog verfahren: Treibzapfen unten – Kurbel um 45° geneigt.

Der erste Test

Der spannende Moment ist gekommen. Wird die Maschine nach all der langwierigen Demontage, Neubearbeitung und Austausch verschiedener Teile, Sandstrahlen und Neulackierung laufen? Zunächst habe ich mit einer Kartusche Druckluftspray, wie es sie im IT Bereich zum Entstauben von Teilen gibt, in die Zudampfleitung gepustet. Die Maschine lief sofort an!

Dann habe ich eine Wilesco Dampfmaschine angeschlossen. Hier zeigte sich bis 2,5bar, dass die Zylinder nun absolut dicht sind. Allerdings macht das ganze ohne Zylinderkopfentwässerung auf dem Rollenprüfstand keinen wirklichen Spaß, da doch eine gehörige Menge Wasser gezogen wird. Für den Dichtigkeitstest reichte es aber allemal.

Nun kommt, während ich weiter auf den neuen Kessel von Regner warte, zur Überbrückung schon mal die Elektronik und das Bremssystem dran.

99 4701 mit Fremddampf

99 4701 mit Fremddampf (Wilesco D48)

 

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Ein Kommentar

  • Jörg Spindler schrieb
    | » Antworten

    Danke hat mir heute wirklich sehr geholfen.Da mein Neuzugang 994701(aus anfangszeiten der Fa.Regner) mehr eckig als rund lief.

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